Ich wurde einst in einem kleinen Dorf am Nil als vierte Tochter eines Fischers geboren. Insgesamt waren wir 8 Kinder. Das Leben war nicht sehr einfach, allerdings war ich niemals alleine und die Tatsache, dass ich es nicht anders kannte, nicht einmal eine Vorstellung davon besaß, was Luxus bedeutete, trug dazu bei, dass ich dennoch sehr zufrieden war. Aufgrund der Größe meiner Familie und der hohen Zahl anderer Anverwandten, war ich niemals alleine, sondern immer in Gesellschaft anderer. Schon in jungen Jahren musste bei der Arbeit mitgeholfen werden, denn wenn mein Vater auf Fischfang war, mussten noch immer die Felder bewirtschaftet werden, wobei Mutter unsere volle Unterstützung benötigte. Es war ein einfaches, aber glückliches Leben, welches eine einschneidende Veränderung erfuhr, als ich in etwa sieben Jahre alt war.
Eine Räuberbande überfiel im Schutze der Nacht unser Dorf und mir schien, als wäre die Unterwelt über uns hereingebrochen, als ich aufgrund der Schreie aufwachte. Hütten brannten, Menschen flehten um ihr Leben und ich war nicht dazu fähig, dies zu begreifen. Auch nicht, als ich meine Eltern leblos auf dem Boden liegen sah. Unfähig, mich zu wehren oder in irgendeiner Weise zu agieren, musste ich zulassen, dass man mich und einige meiner Geschwister, mitnahm, um uns als Sklaven zu verkaufen, was mir zum damaligen Zeitpunkt natürlich nicht klar war. Auf einem der Sklavenmärkte, wurde ich an ein Freudenhaus in Theben verkauft und wollte fortan lediglich überleben, weswegen ich mich allem, was man mir auftrug, fügte. Die Erinnerungen an die Schreckensnacht, an den Tod meiner Eltern, verblassten im Laufe der Jahre, während derer ich zur Kurtisane und Unterhalterin ausgebildet wurde, was mich von einer einfachen Hure unterschied. Zumal es mir die Hoffnung gab, dass mich jemand aus dem Freudenhaus befreien würde, wenn ich nur gut genug war, um die Aufmerksamkeit eines vermögenden Mannes auf mich zu ziehen.
Im Alter von 13 Jahren, begann ich, nach erfolgreicher Ausbildung, wirklich zu arbeiten und wurde sehr bekannt. Einige Jahre später wurde sogar Pharao Mentuhotep III auf mich aufmerksam und machte mich zu einer seiner Nebenfrauen, womit ich mein Ziel erreicht hatte – und zwar weitaus besser, als von mir vorgesehen. Ich lernte vieles bei Hofe, auch wenn wir sehr von der restlichen Gesellschaft abgeschirmt waren, so gab es doch unter uns Frauen ebenfalls Intrigen, da wir alle um die Gunst des Königs buhlten. Jene von uns, welche am höchsten in seiner Gunst stand, genoss auch den meisten Einfluss. Im Laufe der Jahre gebar ich zwei Töchter und einen Sohn. Letzterer starb allerdings bereits wenige Wochen nach seiner Geburt. Ich liebte den Luxus, den Einfluss und die Macht, welche ich durch meinen Status gewonnen hatte und konnte mir kein anderes Leben vorstellen. Zumindest bis zu dem Tag, an dem Amun mich aus dem Palast entführte und mir ein noch besseres Leben schenkte.
Amun verwandelte mich mit 25 Jahren in einen Vampir, da er sich durch Kontakt mit mir, bessere Verbindungen zum Hof und dem Pharao versprach. Er lehrte mich alles Wichtige über dieses Dasein, vor allem aber Kontrolle über den Blutdurst. Zudem stellte sich heraus, dass ich eine seltene Gabe besaß, auch wenn ich äußerst wenig von dieser Gebrauch machte. Nachdem ich mich im Griff hatte, brachte er mich des Nachts in den Palast zurück. Mein Gemahl willigte ein, mich wieder aufzunehmen, zumal meine Schönheit durch die vampirischen Eigenschaften noch weiter verstärkt wurde. Als er mich zu Beischlaf aufsuchte, stellte sich jedoch heraus, dass ich mich noch nicht so sehr
unter Kontrolle hatte, wie ich dachte. Ich verfiel dem betörenden Duft seines Blutes und tötete ihn. Wer hätte auch ahnen können, dass der König für mich ein Sänger gewesen war? Nachdem ich mir meiner Tat bewusst wurde, floh ich aus dem Palast und lebte die folgenden Jahrhunderte bei Amun und Kebi, auch wenn letztere mir stets vorhielt, wie ich hätte enden können: Als fast gänzlich willenloses Objekt, das den Launen seines Herrn ausgeliefert war. Stattdessen war ich zu einer selbstbewussten, bestimmenden Frau geworden, welche fähig war, ein eigenständiges Leben zu führen. In den folgenden Jahren, lebte ich hauptsächlich in Ägypten und nachdem die Volturi ihre Gesetze verkündet hatten, unterwarf ich mich. Widerwillig zwar, doch ich tat es, um zu überleben, auch wenn ich den Italienern keinerlei Sympathie entgegenbrachte.
Nachdem ich genug von Ägypten gesehen hatte, verließ ich meine Heimat erstmals in jener Zeit, welche später als Beginn der christlichen Zeitrechnung gesehen wurde. Es bereitete mir Freude, die Welt zu erkunden, auch wenn ich mich zu Beginn hauptsächlich in Afrika aufhielt. So traf ich um das Jahr 30 nach Christus am Hofe Herodes Antipas‘ einen Mann namens Johannes. Ich begehrte ihn, das leugne ich nicht. In der Vergangenheit hatte ich unzählige Männer verführt, auch wenn mir Liebe nach wie vor ein Fremdwort war. Ich wusste, dass es mir gelingen konnte, absolut jeden in mein Bett zu locken. Johannes allerdings widersetze sich mir. Als erster widerstand er meinen Künsten der Verführung und das obwohl er zum damaligen Zeitpunkt im Kerker saß. Allerdings war ich nicht dazu bereit, dies hinzunehmen. König Herodes richtete ein Fest zu meinen Ehren aus, immerhin war ich – augenscheinlich – eine hochrangige Adlige. Das gab ich zumindest vor. Da mein Ruf als Tänzerin weit bekannt war, erfüllte ich ihm die Bitte, auf dem Fest zu tanzen, verlangte im Gegenzug allerdings den Kopf Johannes‘. Denn jeder, der es wagt, mich zu verschmähen, zieht sich meine Rachsucht zu. Nur einige Jahre später, wurde ich Königin von Kleinarmenien, wo ich einige Jahre lang herrschte, ehe ich meinen Tod vortäuschte.
Ich verließ Afrika und erkundete die restlichen Kontinente, lebte ein Leben in Saus und Braus, da es mir leicht fiel, mich in wohlhabende Familien einzuschleichen, einzuheiraten oder anderweitig aufgrund von Lügen bei diesen aufgenommen zu werden. Daher habe ich im Laufe der Zeit die verschiedensten Machtpositionen bekleidet und man hat meinen Namen vielerorts gehört. Zudem habe ich auch mehrere andere Vampire erschaffen, welche mal länger oder kürzer bei mir geblieben sind, schlussendlich allerdings ihre eigenen Wege gingen. Manche nahmen mir ihre Verwandlung auch äußerst übel.
Vor drei Jahren verwandelte ich eine junge Frau, die ohne mich gestorben wäre. Ich lehrte sie alles, was sie wissen musste und dachte, sie hätte sich unter Kontrolle, weswegen ich ihr erlaubte, alleine jagen zu gehen. Im Blutrausch löschte sie eine komplette Ortschaft aus, was dazu führte, dass die Volturi auf uns aufmerksam wurden. Mein Schützling wurde getötet, während Aro mich dazu zwang, seinem Zirkel beizutreten, obwohl ich meine Freiheit sehr liebe. Zudem musste ich fort an dessen Gemahlin Sulpicia dienen. Alles hat sich verändert. Einfach alles. In bin eingeschlossen in einem Schloss, hinter Mauern, welche ich nicht verlassen kann, ohne getötet zu werden. Ich diene einer anderen Frau, statt Herrin über mich selbst zu sein. Ich hasse dieses Leben, aber ich kann nicht anders, als mich abermals zu fügen, um zu überleben, denn meinen Tod zu verursachen war noch nie mein Ziel. Allerdings fühlt es sich so sehr nach dem Sklavendasein an, in welchem ich einst gefangen war.